Hauptbereich
Grundsteuerreform
Auslöser der derzeitigen Grundsteuerreform ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018.
Zum 01.01.1964 wurde die letzte Hauptfeststellung zum Zeitpunkt 01.01.1974 auf Grundlage des § 37 Grundsteuergesetzes vorgenommen. Damals war im Bewertungsgesetz (§ 21 Abs. 1) eine Hauptfeststellung für alle 6 Jahre festgelegt. In Artikel 2 Abs. 1 des Bewertungsänderungsgesetzes von 1965 wurde bestimmt, dass per Gesetz festgelegt wird, wann die nächste Hauptfeststellung vorgenommen wird. Dieses Gesetz ist aber nie ergangen. Somit gilt seither die Hauptfeststellung zum 01.01.1964 bzw. 01.01.1974.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat nun die Vorschriften zur Einheitsbewertung (NICHT die Grundsteuer als solches) für verfassungswidrig erklärt. Im Urteil wurde dem Gesetzgeber auch eine Frist bis zum 31.12.2019 zur Neuregelung der Bewertung gesetzt. Diese Frist wurde auch eingehalten (Grundsteuerreformgesetze des Bundes, verkündet am 20.11., 02.12. und 05.12.2019). Wenn diese Frist eingehalten ist, dürfen die bisherigen Bewertungsregeln längstens bis 31.12.2024 angewandt werden. Das hat zur Folge, dass ab 01.01.2025 die Grundsteuer anhand der neuen Hauptfeststellung ermittelt und festgesetzt werden muss.
Rechtliche Umgebung
Die Grundsteuerreform des Bundes beinhaltet
- Das Grundsteuerreformgesetz
- Das Grundsteuer-C-Gesetz
- Grundgesetzänderung (Länderöffnungsklausel)
Das Land Baden-Württemberg hat die Länderöffnungsklausel in Anspruch genommen und eine Bodenwertsteuer und Grundsteuer C im Landesgrundsteuergesetz geregelt:
- Bei der Grundsteuer A wurde das Bundesmodell übernommen
- Bei der Grundsteuer B wurde ein modifiziertes Bodenwertmodell geregelt
- Die Grundsteuer C wurde zur Mobilisierung von Bauland verankert
- Eine Abweichungsmöglichkeit von Bodenrichtwerten ist aufgrund von qualifizierten Gutachten geschaffen worden
- Das dreistufige Verfahren ist beibehalten worden (Feststellung des Grundsteuerwerts, Festsetzung des Messbetrags, Festsetzung der Grundsteuer)
- Die Zuständigkeiten zwischen Finanzämtern und Gemeinden ist beibehalten worden
Bewertungsregeln
Grundsätzlich wird vom Bodenwert ausgegangen. Die Bebauung wird nicht berücksichtigt. Gebäude der Land- und Forstwirtschaft werden in der Grundsteuer B ausgewiesen. Bei sonstigen Grundstücken der Land- und Forstwirtschaft wird ein Ertragswertverfahren angewandt. Grundstücke, die überwiegend (mehr als 30%) für Wohnzwecke genutzt werden, erhalten eine Ermäßigung der Messzahl. Das Hebesatzrecht der Gemeinde bleibt unverändert. Darüber hinaus können die Gemeinde einen erhöhten Hebesatz für baureife Grundstücke festlegen.
Aktuell laufen diverse Einsprüche und Klagen. Im Juni 2024 hat das Finanzgericht erstmals über Klagen gegen das Landesgrundsteuergesetz entschieden. Die Klagen wurden abgewiesen, da das Finanzgericht zum Entschluss kam, dass das Landesgrundsteuergesetz verfassungsgemäß ist. Aus der Begründung geht hervor, dass die Bodenrichtwerte geeignet sind, die Grundstücke realitätsgerecht zu bewerten. Dass bisher stark unterbewertete Grundstücke einer höheren Grundsteuer unterworfen werden, ist eine Entscheidungsfolge und hinzunehmen. Es ist auch zulässig, die Bodenrichtwerte für alle Grundstücke einer Zone anzuwenden, ohne Rücksicht auf Besonderheiten einzelner Grundstücke.
Grundsteuer C
Im § 50a Landesgrundsteuergesetz wurde vom Landtag die Grundsteuer C nachträglich aufgenommen. Die Grundsteuer C soll einen erhöhten Hebesatz für baureife, aber noch nicht bebaute Grundstücke gelten. Ziel ist es, Grundstücke, welche grundsätzlich bebaubar sind, aber seit vielen Jahren nicht bebaut werden, stärker zu belasten und Anreize zu schaffen, diese Grundstücke zu bebauen oder für eine weitere Bebauung zu veräußern. Ob die Grundsteuer C eingeführt werden soll oder nicht, ist von jeder Gemeinde selbst zu entscheiden. Für die Einführung der Grundsteuer C müssen städtebauliche Gründe zusammengestellt werden, wie z.B. die Deckung eines erhöhten Wohn- oder Arbeitsstättenbedarfs, der Nachverdichtung oder die Stärkung der Innenentwicklung. Darüber hinaus ist ein örtlicher Geltungsbereich festzulegen, in dem die städtebaulichen Gründe vorliegen und die unbebauten wirtschaftlichen Einheiten in diesem Geltungsbereich zu ermitteln. Auf dieser Basis ist jährlich eine Allgemeinverfügung zu erlassen. Nach Einschätzung der Verwaltung ist bei in Frage kommenden Grundstücken ohnehin eine Mehrbelastung zu erwarten. In der Regel handelt es sich um Grundstücke in alten Baugebieten, die allein durch die Bodenwertsteigerung der vergangenen Jahrzehnte mit einer höheren Steuerlast rechnen müssen. Darüber hinaus entfällt die Bewertung der Bebauung, d.h. hier ergibt sich eine Verschiebung der Steuerlast zugunsten der bebauten Grundstücke und zulasten der unbebauten Grundstücke. Daher könnte der Zweck der Grundsteuer C auch schon durch die neuen Bewertungsgrundlagen nach dem Landesgrundsteuergesetz erfüllt werden. Der Gemeinderat der Gemeinde Kirchardt hat entschieden, die Grundsteuer C zunächst nicht einzuführen.
Auswirkungen
Das Hoheitsrecht zur Festsetzung der Hebesetze obliegt der Gemeinde. Bund und Länder appellieren an die Kommunen zur aufkommensneutralen Festsetzung der Hebesätze. Dies bedeutet, dass die absolute Summe der Grundsteuererträge (Grundsteueraufkommen) im kommunalen Haushalt nahezu gleichbleibt. Dennoch wird es zu deutlichen Verschiebungen innerhalb der Grundsteuerarten geben. Stark unterbewertete Grundstücke werden stärker belastet, anderen Grundstücke in der Folge entlastet. Unter anderem zeichnet sich eine Verschiebung zugunsten Gewerbegrundstücken und zulasten Wohngrundstücken ab. Darüber hinaus ist auch eine Belastungsverschiebung zulasten unbebauter Grundstücke zu erkennen. Da die Bebauung nicht berücksichtigt wird, wird es auch eine Verschiebung zugunsten von Wohnungseigentum und Teileigentum und zulasten von Einfamilienhäusern mit großen Grundstücken geben. Diese Belastungsverschiebungen können nicht durch differenzierte Hebesätze ausgeglichen werden.
Berechnung des Hebesatzes
Die künftigen Hebesätze ermitteln sich wie folgt:
Steueraufkommen : Summe der neuen Messbeträge = neuer Hebesatz
Hierzu müssen aber folgende Parameter vorliegen:
- Das Steueraufkommen muss festgelegt werden (aufkommensneutral, niedriger oder höher).
- Die Messbeträge müssen vorliegen.
Der Gemeinderat der Gemeinde Kirchardt hat bereits in der Sitzung vom 18.11.2024 entschieden, dass die Hebesätze für 2025 aufkommensneutral ermittelt werden sollen. Darüber hinaus sollen die Hebesätze erstmals in einer Hebesatzsatzung festgelegt werden.
Hebesatzsatzung der Gemeinde Kirchardt, gültig ab 01.01.2025 (PDF-Dokument, 56,12 KB, 20.11.2024)
Berechnung der Grundsteuer
Aufgrund der Hauptveranlagung sollten Ihnen zwei Bescheide des Finanzamtes vorliegen: einen über die Festsetzung der Steuermesszahl und einen über die Festsetzung des Steuermessbetrags. Grundlage für die Gemeinde ist der Steuermessbetrag. Dieser wird mit dem gültigen Hebesatz der Gemeinde multipliziert und ergibt die Grundsteuer.
Fälligkeiten, Jahreszahlung
Die Grundsteuer ist grundsätzlich quartalsweise zu den Fälligkeitsterminen 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11. zur Zahlung fällig. Ausnahmen bilden die sogenannten „Grundsteuerkleinbeträge“. Beträge unter 15,00 EUR werden in einem Jahresbetrag zum 15.08. und Beträge bis 30,00 EUR jeweils hälftig zum 15.02. und 15.08. zur Zahlung fällig.
Steuerschuldner können die Jahreszahlung der Grundsteuer beantragen. Steuerschuldner, die nach altem Grundsteuerrecht bereits Jahreszahler waren, müssen einen neuen Antrag stellen. Dieser Antrag kann allerdings erst im Folgejahr umgesetzt werden. Wenn Sie die Jahreszahlung beantragen wollen, nutzen Sie bitte den nachfolgenden Vordruck.
Antrag auf Jahressteuerzahlung (PDF-Dokument, 31,58 KB, 15.11.2024)